Verhaltensmanipulation durch Parasiten
Arbeitsteilung und Verwandtenselektion als Erfolgsrezept des Lanzettegels
DOI:
https://doi.org/10.11576/biuz-7909Schlagworte:
Dicrocoelium dendriticum, Parasit, Wirtswechsel, Lebenszyklus, Wirtsmanipulation, VerwandtenselektionAbstract
Der Lanzettegel Dicrocoelium dendriticum nutzt Pflanzenfresser als Endwirte, während Schnecken und Ameisen als Zwischenwirte fungieren. Den Wirtswechsel von der Ameise zum Herbivoren erreichen die genetisch identischen Parasitenlarven innerhalb einer Ameise durch eine Arbeitsteilung: Eine Larve invadiert das Gehirn der Ameise und zwingt ihren Wirt dazu, sich während der kühlen Nachtstunden an Pflanzen zu exponieren. Dieser „Hirnwurm“ kann sich im Endwirt, der die infizierte Ameise mit dem Futter aufgenommen hat, nicht weiterentwickeln. Hingegen erreichen die Klongeschwister aus dem Hinterleib der Ameise in der Leber des herbivoren Endwirts die Geschlechtsreife. Die „Aufopferung“ des Hirnwurms erklärt sich durch Verwandtenselektion (kin selection). Die induzierte Verhaltensänderung erfordert bislang unbekannte Mechanismen der Kommunikation innerhalb des Parasitenklons und mit dem Wirt. Der komplexe Lebenszyklus des Lanzettegels ist an Trockenrasenbiotope gebunden, die wegen ihrer Artenvielfalt schutzwürdig sind. Die Erhaltung solcher Biotope könnte auch den Lanzettegel vor dem Aussterben bewahren.
